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„Kaufhaus Gerngross. Schnell, kommen Sie, es brennt!“
7. Februar 1979: Großbrand auf der Mariahilfer Straße
Bei Umbauarbeiten zum 100-Jahr-Jubiläum des Traditionskaufhauses 1979 brach ein Brand aus. Die Flammen breiteten sich rasend schnell aus, die Feuerwehr rief Alarmstufe 8 aus.
Insgesamt 670 Feuerwehrleute waren abwechselnd im Einsatz, 10 Kilometer Löschleitungen wurden verlegt. Es dauerte knapp 21 Stunden bis der Großbrand bis auf Glutnester gelöscht war, weitere eineinhalb Tage wurde Brandwache gehalten. Acht Feuerwehrleute wurden leicht verletzt, es entstand ein Schaden von mehr als 1 Milliarde Schilling (72,7 Millionen €), der Schaden war von Versicherungen gedeckt. Knapp 13 Monate nach dem Brand eröffnete das Kaufhaus Gerngross nach den Renovierungsarbeiten neu.
Brand bricht bei Abbauarbeiten einer alten Rolltreppe aus
Mit über 1.200 Grad heißen Flammen von autogenen Brennschneidern zerschnitten zwei Arbeiter in den Abendstunden des 7. Februar 1979 die alte Rolltreppe im Gerngross – zum Glück außerhalb der Geschäftszeiten. Die Brandmeldeanlage und die Sprinkleranlage waren abgeschaltet, damit es durch Hitze und Rauch zu keinen Fehlalarmen kommt. Im Lauf der Arbeiten lodern erstmals Flammen auf, die Arbeiter können sie rasch mit nassen Tüchern löschen. Wenige Minuten später dann nochmals: Fett, Öl und Schmutz im alten Rolltreppenschacht beginnen wieder zu brennen. Diesmal nützen keine nassen Fetzen. Die Arbeiter flüchten, verschließen alle Brandschutztüren entlang ihres Fluchtweges und dichten sie mit Tüchern ab. Erst mit minutenlanger Verspätung schlagen sie Alarm, der Gerngross-Portier ruft um 22:41 Uhr beim Notruf der Feuerwehr an: „Kaufhaus Gerngross. Schnell, kommen Sie, es brennt!“
Die ersten Löschkräfte treffen nur fünf Minuten später ein und beginnen sofort mit dem Löschangriff. Durch unzählige enge Lichthöfe, Lüftungsschächte, die verwinkelte Bauweise des gesamten Gebäudes und leicht entflammbaren Stoffen, Dekorationsmaterial und Verpackungen auf 30.000 Quadratmetern breiten sich die Flammen rasend schnell aus. Um 23:37 Uhr stehen drei Stockwerke in Vollbrand, die Feuerwehr erhöht auf Alarmstufe 5, nur 10 Minuten später auf Alarmstufe 6, dienstfreie Mannschaft muss einrücken.
Durch die enorme Hitze glühen die Metalllamellen vor den Fenstern dunkelrot. Diese Lamellen behindern auch die Löscharbeiten von außen, Löschwasser rinnt entlang der Bleche ab. Im Gebäudeinneren herrschen bereits Temperaturen um 1.000 Grad Celsius, ein Löschangriff von innen ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.
Freiwillige Feuerwehren und Bundesheer unterstützen die Berufsfeuerwehr Wien
Zur Unterstützung der Berufsfeuerwehr Wien treffen nach und nach Kräfte der umliegenden Freiwilligen Feuerwehren sowie Einheiten des Bundesheeres ein – sie besetzen in erster Linie die leeren Feuerwachen der Stadt. In der Lindengasse stürzt unterdessen eine Glaskuppel ein. Durch Funkenflug werden große, brennende Teile bis zu 200 Meter weit auf die Dächer der Nachbarhäuser geweht. Die Feuerwehrleute können weitere Brände aber verhindern. Um 1:21 Uhr wird die damals höchste Alarmstufe in Wien ausgerufen – Alarmstufe 8. Die Feuerwehr hat mehr als 50 Fahrzeuge und etwa 500 Mann gleichzeitig im Einsatz. Sie versuchen mit bis zu 40 Löschleitungen und 12 Wasserwerfern dem Inferno Herr zu werden. Erst am Tag nach dem Brandausbruch wird kurz nach 19:30 Uhr gemeldet, der Brand sei bis auf einige Glutnester gelöscht. Eine Brandwache sicherte noch bis zum späten Nachmittag des 10. Februars die Brandruine.
Wasserrohr platzt während der Löscharbeiten
Während der Löscharbeiten platzt ein Wasserrohr in der Neubaugasse. Der Schaden wird mithilfe von Bundesheersoldaten rasch repariert. Die Versorgung mit Löschwasser war für kurze Zeit beeinträchtigt.
Nachdem der Brand auf ein Lager voll mit Verpackungsmaterial übergegriffen hat, zieht dichter Brandrauch in ein Haus in der Lindengasse und ein Haus neben dem Gerngross. 20 Personen werden in Sicherheit gebracht und in einem Hotel untergebracht.
Hunderte Schaulustige, bewaffnet mit Fotoapparaten und Feldstechern, pilgern schon in der Nacht zum Brandort. Die Polizei hat alle Hände voll zu tun, die Neugierigen vom Gefahrenbereich fernzuhalten.
Der materielle Schaden war durch Versicherungen gedeckt, ebenso wie die Betriebsunterbrechung und damit die Gehälter der rund 800 Angestellten. Knapp 13 Monate nach dem Brand öffnete das neu (um)gebaute Kaufhaus am 13.März 1980 wieder seine Pforten.
Quelle: MA 68 - Feuerwehr und Katastrophenschutz der Stadt Wien
www.feuerwehr.wien.at