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Wenn es keine Alternative gibt: Scheibe einschlagen
Wien (OTS) - Es passiert leider immer wieder: Kinder oder Tiere bleiben allein im Fahrzeug zurück. Gerade in den Sommermonaten kann diese Situation schnell bedrohlich werden, speziell wenn das Fahrzeug in der prallen Sonne steht. Ob man in einer solchen Situation als Passant die Scheibe einschlagen darf, um zu helfen, ist eine Frage, die immer wieder auftaucht. "Grundsätzlich stellt das bewusste Zerstören fremden Eigentums eine Sachbeschädigung dar, die gerichtlich strafbar und daher verboten ist", weiß ÖAMTC-Jurist Nikolaus Authried. "Das Gesetz sieht aber für gravierende Fälle eine besondere Regelung vor. Sind Leib und Leben eines Menschen bedroht und gibt es keine andere Möglichkeit zu helfen, ist das Einschlagen der Scheibe zulässig." Wichtig: Dabei muss es sich um das einzige Mittel handeln, die Gefahr zu beseitigen.
Sieht man ein Kind, das allein in einem heißen Auto zurückgelassen wurde, muss also zunächst - so schnell wie möglich - nach Alternativen Ausschau gehalten werden. "Etwa, indem man sich umsieht, ob der Fahrzeuglenker vielleicht doch in der Nähe ist", erklärt der ÖAMTC-Experte. Sinnvoll kann auch sein, Passanten zu befragen, die eventuell gesehen haben, wo sich der Lenker aufhält. Spielt sich das Ganze auf einem Supermarktparkplatz ab, kann auch versucht werden, den Fahrzeuglenker ausrufen zu lassen. Polizei, Feuerwehr oder ÖAMTC können ebenfalls zur Hilfe geholt werden.
"Ist all das nicht möglich oder können die Einsatzkräfte nicht schnell genug vor Ort sein, stellt die eigenmächtige Bergung des Kindes unter Beschädigung des Fahrzeuges das einzige verbleibende Mittel dar und ist daher auch nicht strafbar", erklärt der ÖAMTC-Jurist. Generell wird die Wahl der Mittel auch davon abhängen, welchen Eindruck das eingesperrte Kind im Fahrzeug vermittelt. Im Zweifelsfall ist es ratsam, Zeugen hinzuzuholen. Ident ist der Fall zu beurteilen, wenn statt des Kindes ein Hund oder eine Katze im Auto eingesperrt ist.
Welche Versicherung zahlt den Schaden?
War das Einschlagen einer Scheibe aufgrund der gegebenen Notsituation gerechtfertigt, besteht auch kein Anspruch auf Entschädigung des Geschädigten gegenüber Helfer bzw. "Schädiger". "Gibt es eine aufrechte Kaskoversicherung, könnte der entstandene Schaden von dieser übernommen werden. Das allerdings in der Regel unter Zahlung eines Selbstbehaltes und stark abhängig von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere des mit der Versicherung abgeschlossenen Vertrages", erläutert der ÖAMTC-Experte. Eine bestehende Haftpflichtversicherung deckt derartige Schäden nicht ab.
Sollte allerdings vorschnell gehandelt worden sein, weil die Aufsichtsperson etwa nur kurz in der Trafik neben dem Fahrzeug war, droht ein Schadenersatzanspruch des Fahrzeugeigentümers, auch ein Strafverfahren ist nicht auszuschließen. "Das Einschlagen der Scheibe sollte daher erst dann erfolgen, wenn keine anderen Möglichkeiten zur Rettung bestehen", rät Authried abschließend.
Quelle: APA-OTS